Vermessung bedeutet Präzision! Als Ingenieurdienstleistung durch den Geodät ist Genauigkeit beinahe selbstverständlich.

Aber warum müssen Qualität, hohe Präzision, Verantwortung und Verlässlichkeit der Vermessungsdienstleistung so unter Preisdruck leiden?

Die meisten haben von einem Vermesser lediglich gehört, selten jedoch einen gesehen. Wann hat man denn schon mit einem Geodät zu tun? Früher auch bekannt unter dem Namen Landvermesser, bestand die Hauptaufgabe darin, das Land zu vermessen, um auf dieser Grundlage Landkarten zu erstellen. Der Computer und die Entwicklung von elektronischen Vermessungsgeräten beschleunigten den Prozess der Vermessung und damit auch weit höhere Stufen der Präzision.

 

Heute werden Strecken mit Laser gemessen und die Daten auf Festplatte gespeichert. Genauer gesagt wird nicht die Strecke, sondern mit dem Phasenvergleichsverfahren der Versatz der zurückkommenden Lichtwelle gemessen. Moderne elektronische Tachymeter sind heute GPS unterstützt, verfolgen den Reflektor und sind in der Lage, ihre Messwerte direkt auf den PC zur weiteren Bearbeitung zu senden. Diese Technik hat auch ihren Preis, beispielsweise ist der Gegenwert eines Mittelklassewagens nicht selten.

 

Die Lasertechnologie eröffnet auf dem Sektor Vermessung ständig mehr Möglichkeiten. Mittlerweile ist auch räumliches Scannen möglich. Parallel hierzu stiegen auch die Anforderungen an die Software, beispielsweise um die Punktwolken von Rohrleitungen einer Raffinerie in geometrische Grundelemente zu wandeln. Das Scannen macht auch vor der Luft nicht halt. Ein anderes Bauprinzip ermöglicht den Einsatz auch auf fliegenden Plattformen.

 

Auf diese Weise wurde der "Dezimeter" als alte Schallgrenze der Genauigkeit nach und nach deutlich unterschritten. Dadurch eröffneten sich nicht nur neue Einsatzgebiete, sondern es erhöhte sich auch die Wirtschaftlichkeit der bisherigen Tätigkeiten durch schnellere und präzisere Ergebnisse. Mit solchen Entwicklungsschritten ist eine um Längen präzisere Umsetzung von Planungen ermöglicht worden, beispielsweise bei Brücken oder Tunnels.

 

Doch wie ist dieser Fortschritt zu bewerten, also das Entgelt für präzise Vermessung als Ingenieursdienstleistung? Einerseits hat die Vermessungsbranche Wege gefunden, ihre Produkte schneller und in höherer Präzision, sprich Qualität, dem Markt anzubieten. Auf der anderen Seite sieht der Kunde eine schnell und augenscheinlich einfach zu erbringende Leistung, vielleicht als Selbstverständlichkeit innerhalb der Dienstleistung für ein Bauvorhaben. Oder ist der Blickwinkel des Architekten oder der Baufirma als eigentlicher Auftraggeber lediglich auf die Vermessung als Kostenfaktor gerichtet und sollte so gesehen möglichst preisgünstig sein? Es darf an dieser Stelle nicht verwundern, wenn der Preisverfall sozusagen als brancheninterne Untugend Raum greift. Willkommen vom Architekten, befürchtet vom Geodät und kaum wahrgenommen vom Bauherrn. Feststeht flächendeckend ein Preisverfall von Vermessungsdienstleistungen.

 

In der Vermessungsbranche scheint das Schnurgerüst ohnehin zum Massenprodukt zu verkommen. Ein solches wird benötigt, um die genehmigte Lage des Bauobjektes vor Ort zu markieren. Den Arbeitern auf dem Bau werden damit die Gebäudeachsen, sprich die Flucht der Hauswand, angezeigt. Sicherlich sind die Maurer in der Lage die Ziegel auch so im rechten Winkel zu legen. Die Anforderung jedoch, das Gebäude lagerichtig im Grundstück zu positionieren, übersteigt die Möglichkeiten von Maßband und Winkelprisma, insbesondere wenn es um Genauigkeiten von unterm einem Zentimeter Abweichung geht. An dieser Stelle stößt der Bauherr auf das Risiko einer Grenzüberbauung, wenn er die Positionierung nicht im Rahmen dieser Genauigkeit durchführen kann. In solchen Fällen ist es üblich diese Schritte dem Vermesser zu überlassen, aber auch die Verantwortung und das Risiko für diese Ingenieurdienstleitung. Die Vermessung ist Präzisionsarbeit, die inklusive Wagnis und Verantwortung in Rechnung gestellt werden sollte.

 

Dass die hierbei eingesetzte elektronische Gerätschaft die starke Säule ist, um langfristig qualitativ hochwertige Ergebnisse zu produzieren, darf nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass Entscheidungen und Bewertungen dieser Outputs immer noch dem Geodäten überlassen sind. Gerade dieser Leistung sollte auch im Sinne des Wortes Rechnung getragen werden. Und es ist leider auch diese Leistung, die im Bewusstsein zu verblassen scheint. Dies kann viele Gründe haben, offensichtlich ist jedoch, dass den Rabattgewohnheiten des Kunden nachgegeben wird.

 

Die Qualität leidet als erstes darunter. In Erwartung eines schwindenden Umsatzes drängt es den Vermesser dazu schneller zu produzieren, oder die bisherige Leistung günstiger zu erzeugen. Das bedeutet es werden Minimalziele verfolgt, Serviceleistungen reduziert und Fachpersonal ausgedünnt, um einen wirtschaftlichen Erfolg mit dem niedrigeren Preis zu erreichen. Diesen ständig steigenden Losgrößen kann nur ein Qualitätsverlust folgen. Im Hinblick auf den sich so generierenden Zeitdruck entsteht eine ständige Hatz nach einem neuen Ideal, das gestern noch leistbar war.

Unter diesen Bedingungen wird sich das Fehlerrisiko wohl deutlich erhöhen und in der Vermessung können Fehler teuer werden. Hier ein einfaches Beispiel.

Der Bau eines freistehenden Einfamilienhauses erfordert die Einhaltung der genehmigten Grenzabstände zu den Nachbarn. Sofern die zuständige Bauaufsichtsbehörde dies nicht schon vorgeschrieben hat, ist es ratsam hier einen Vermesser zu engagieren. Die Aufgabe ist klar, es müssen die Achsen des Gebäudes gemäß genehmigten Eingabeplan auf dem Grundstück markiert werden, damit die Bauarbeiter wissen wo, was zu tun ist. Gefordert ist dabei unter anderem die Lage der Baugrube auf den Dezimeter genau und die Einhaltung des Grenzabstandes unter Berücksichtigung der Bautoleranzen. Zusammengenommen kann mithilfe des Vermessers das Gebäude mit einer Lagegenauigkeit von etwa 1,5 cm erstellt werden.

Hier übernimmt der Vermessungsingenieur in der Verantwortung für seine erbrachte Leistung. Dem gegenüber steht das Risiko einer Grenzüberbauung oder einer falsch gesetzten Bodenplatte. Der Streitwert einer überbauten Grenze ist abhängig der Fläche i.d.R. mit einigen hundert bis tausend Euro zu bemessen. Anders dagegen verhält es sich, wenn die Bodenplatte aufgrund falscher Lage erweitert, oder sogar wieder abgebrochen wird. In diesem Fall sind zusätzlicher Aushub, Abrissarbeiten und Abtransport von Schutt und Erdhub notwendig. Eine Summe von 10 000 Euro wäre eine günstige Lösung. An dieser Stelle mit günstigen Angeboten zu agieren ist damit nun auch nicht richtig.

Wenn solche hohen Standards sozusagen Routine sind, ist es umso unverständlicher, wenn bei Vermessungskosten unvernünftig gespart wird. Das Risiko einer Grenzüberbauung, oder einer falsch gesetzten Bodenplatte steht in keinem Verhältnis zu den Kosten einer akkuraten Vermessung. Relativ übersichtlich bemessen sich zwar die Streitwetkosten einer überbauten Grenze, abhängig von der Fläche i.d.R. mit einigen hundert bis tausend Euro. Anders dagegen verhält es sich, wenn die Bodenplatte aufgrund falscher Lage erweitert, oder sogar wieder abgebrochen wird. Es entstehen Zusatzkosten, Ärger, Zeitverlust, in diesem Fall zusätzlicher Aushub, Abrissarbeiten und Abtransport von Schutt und Erdhub. Eine Summe von 10.000 Euro wäre eine günstige Lösung, es kann auch sehr viel teurer werden. Es wird also überdeutlich: An den ohnehin nicht üppigen Vermessungskosten zu sparen wäre mehr als unvernünftig.

Was man nicht messen kann, kann man nicht steuern. Das ist der Grund, warum genaue Vermessung benötigt wird und dies gilt gleichwohl doppelt, sobald Präzision gefragt ist. Diese Leistung kann nicht für ein Handgeld verlangt werden. Preisdumping ist bei einer solch' essentiellen Ingenieurdienstleistung nicht angebracht.

 

Man könnte diese Art der Argumentation leicht als machtloses Fäusteballen abtun. In der marktwirtschaftlichen Prozesskette bestimmen nun mal Angebot und Nachfrage die Preise. Aber was ist, wenn Lernprozesse heranreifen und Entwicklungen entstehen, die dem homo oeconomicus intelligentere weil auf Ausgleich bedachte Entscheidungsparameter anhand geben? Was ist, wenn Prozesse so viel an normierender Gestaltungskraft mitbringen, dass kurzfristige Gewinnchancen gegen dauerhafte Zufriedenheit und Sicherheit endlich Mal den Kürzeren ziehen?

 

Eine Antwort könnte ein Spruch des englischen Sozialreformers John Ruskin liefern. Dieser ist so treffend, dass man ihn getrost an die Wand heften kann:

 

"Es ist unklug, zu viel zu bezahlen, aber es ist noch schlechter, zu wenig zu bezahlen. Wenn Sie zu viel bezahlen, verlieren Sie etwas Geld, das ist alles. Wenn Sie dagegen zu wenig bezahlen, verlieren Sie manchmal alles, da der gekaufte Gegenstand die ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen kann. das Gesetz der Wirtschaft verbietet es, für wenig Geld viel Wert zu erhalten. Nehmen Sie das niedrigste Angebot an, müssen Sie für das Risiko, das Sie eingehen, etwas hinzurechnen. Und wenn Sie das tun, dann haben Sie auch genug Geld, um für etwas Besseres zu bezahlen."

 

P.S. Dieser Artikel entstand aus einer Diskussion zwischen dem Vermessungsingenieur Boris Peter, Olching/München und Dipl.Soz. Manfred Peter, Strinz Margarethä/b. Wiesbaden, unter der Gesprächsleitung von SoFIND, www.sofind.de